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Analyse der Tragfähigkeit von Hanfkalk

Analyse der Tragfähigkeit von Hanfkalk

MAsterarbeit Jule Kaptur

Hintergrund

Im Zuge des Klimawandels rücken Themen wie Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung mehr ins Bewusstsein der Gesellschaft. Das Baugewerbe spielt dabei eine wesentliche Rolle, da es bis zu 40 % aller CO2-Emissionen weltweit beiträgt. Neben den CO2 Emissionen ist ebenso der Umgang mit unseren Ressourcen kritisch.[1] In Deutschland fällt jedes Jahr rund 220 Millionen Tonnen Bauschutt an, der häufig nur auf Deponien landet und nicht weiter verwertet wird. Das ist mehr als die Hälfte des gesamten Abfallaufkommens.[2] Es wirft die Frage auf, wie können diese riesigen Mengen an CO2-Emissionen sowie Müll, die durch die Baubranche verursacht wird, verhindert werden? Eine Methode ist die Verwendung von ökologischen, ressourcenschonenden und nachwachsenden Baustoffen. Unter diese Kategorie fällt Hanfkalk, der aus Hanfschäben, einem Bindemittel (meistens Kalk) und Wasser besteht.[3] In Deutschland wird Hanfkalk bislang hauptsächlich als Dämmmaterial in Kombination mit einer lastabtragenden Konstruktion, z. B. einem Holzständerwerk oder einem Stahlbetonskelett verbaut und leistet damit keinen Beitrag zur Tragfähigkeit der Konstruktion.

 

Warum ist es interessant, mit Hanfkalk als tragenden Baustoff zu bauen? 

Beton gehört zu einem der größten Klimakiller. Die Herstellung von Zement, der ein Bestandteil von Beton ist, macht allein schon 8 % der weltweiten CO2 Emissionen aus. [1]

Holz als nachwachsender Rohstoff stellt im Gegensatz zu Beton eine nachhaltigere Lösung dar. Eine Studie von der Uni Kassel stellte allerdings heraus, dass im Jahr 2020 bis zu zwei Milliarden Kubikmeter Holz zu viel aus den Wäldern entnommen wurden. Die Nachfrage bzw. der Bedarf an Holz wächst weiter. [4] Wir können mit Holz allein den Bedarf an ökologischen, lastabtragenden Baustoffen voraussichtlich nicht decken.

 

Gibt es eine Möglichkeit, den Einsatz von Beton zu unterbinden sowie den Einsatz von Holz zu minimieren? 

Eine Lösung kann der Einsatz von Hanfkalk als lastabtragender Baustoff sein. Einerseits wächst die Nutzpflanze Hanf sehr schnell und ist häufig nach nur 100 Tagen (also etwa 3 Monaten) bereit zur Ernte, andererseits ist er gut geeignet als Zwischenfrucht in der Landwirtschaft, da der Boden aufgelockert und verbessert wird.[5] 

 

Mit nur 2 Hektar Hanf ist es möglich, ein Einfamilienhaus aus Hanfkalk zu bauen. [eigene Berechnungen] Aufgrund seiner guten Dämmeigenschaften wird schon länger Hanfkalk als Dämmstoff verwendet und könnte obendrein lastabtragende sowie aussteifende Funktionen übernehmen. Als kleinen Ausblick: Es gibt bereits in Spanien die ersten lastabtragenden Hanfsteine von der Firma Cannabric auf dem Markt. Neben Hanfkalk weisen diese Steine ebenso einen gewissen Anteil von Lehm auf.[6]

Aufbau und Methodik

Es gibt bereits einige Untersuchungen zu den thermischen und bauphysikalischen Eigenschaften von Hanfkalk. Vergleichsweise wenig Untersuchungen gibt es jedoch zum Tragverhalten bzw. Aussteifungsverhalten des Hanfkalks in einem statischen System wie z. B. einer Wandkonstruktion. Aufgrund der vorliegenden Datenlage wurde der Fokus im Rahmen der Masterarbeit auf die folgenden Fragen und Schwerpunkte gelegt: 

  • Inwieweit kann Hanfkalk als aussteifendes Element in einer Holzständerwand fungieren?
  • inwiefern lassen sich bauübliche Aussteifungssysteme wie Beplankungen bzw. Streben durch Hanfkalk ersetzen?
  • Wie verhält sich der Tragwiderstand einer Hanfkalkwand in Ebenenrichtung (siehe Abbildung)?

Es wurde ein rein theoretischer Ansatz verfolgt, somit wurden keine eigenen Versuche durchgeführt


Ergebnisse

Aufbauend auf den vorhergegangenen Untersuchungen wurde in der Arbeit eine Holzständerwand mit Hanfkalkausfachung hinsichtlich ihres Tragwiderstandes in der Ebene berechnet und mit anderen in Deutschland bauüblichen Aussteifungssystemen verglichen. Bei den bauüblichen Aussteifungssystemen handelt es sich um eine aussteifende Holzstrebe (Holzfachwerk) sowie eine beidseitige Beplankung (Holzrahmenbau). Zudem wurde untersucht, inwiefern das Seitenverhältnis einer Hanfkalkwand Einfluss auf den Tragwiderstand in der Ebene nehmen kann.

 

Folgende Empfehlungen beim Tragwiderstand in der Ebene einer Hanfkalkwand können durch diese Arbeit gegeben werden:

  • bauübliche Aussteifungssysteme wie Beplankungen bzw. Streben können durch Hanfkalk ersetzt werden.
  • Schrauben als Verbindungsmittel zwischen den Holzständer und Rähm bzw. Schwelle verwenden
  • Das Seitenverhältnis (Länge/Höhe) der zu berechnenden Hanfkalkwand sollte zwischen 0,75 und 1,0 liegen. In diesem Bereich trägt der Hanfkalk den Berechnungen zufolge die Lasten optimal ab. 

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Literaturangaben

  • [1] Dr. Carsten Schmidt: Gebäude verantwortlich für 40 Prozent der CO2-Emissionen: die Forschungszulage könnte das Klima retten. Forschungszulage – Förderungen 2022 Deutschland, 2021. https://www.forschungszulage.de/gebaeude-verantwortlich-fuer-40-prozent-der-co2-emissionen-die-forschungszulage-koennte-das-klima-retten/, abgerufen am: 21.11.2022
  • [2] Christine Mattauch: Bauschutt: Zu schade für die Deponie. Süddeutsche Zeitung (2021)
  • [3] Stanwix, W. u. Sparrow, A.: The hempcrete book. Designing and building with hemp-lime. Cambridge: Green Books 2014
  • [4] Everything from wood. The Resource of the future o the next crisis?, How footprints, benchmarks and targets can support a balance bioeconomy transition, Beck-O’Brien, D. M., Egenolf, V., Winter, S., Zahnen, J. u. Griesshammer, N., 2022
  • [5] Broeckers, M.: Cannabis. Hanf, hemp, chanvre, cañamo. Aarau, Schweiz, Stuttgart: AT-Verl. 2002
  • [6] TECHNICAL DATA SHEET CANNABRIC. Hemp-clay brick according to the Spanish standard of pressed loam stones UNE 41410 (December, 2008), Cannabric, Dezember/2008


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